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Durch Zufall bin ich vor einiger Zeit auf das Thema „Kindermarketing“ gestoßen. Marketing also für Kinder? Oder Marketing mit Kindern? Der Begriff war nicht eindeutig. Und irgendwie klang es in den Ohren einer Mutter auch etwas unheimlich, fand ich.

Fakten auf den Tisch

Also ging es in die Recherche. Bücher gab es so einige und Internetseiten natürlich noch viel mehr. Es ging also um das Verkaufen, wie immer beim Marketing, speziell aber ums Verkaufen an Kinder. Produkte, Dienstleistungen, alles hat einen bestimmten Markt und eine Zielgruppe. Das wusste ich natürlich aus dem Studium und aus meiner 10-jährigen Berufserfahrung im Bereich Marketing & Kommunikation. Die Zielgruppe heißt diesmal aber natürlich: Kinder. Wie kann man also Kindern spezielle Produkte „schmackhaft“ machen und sie bzw. ihre Eltern dazu bringen, diese Dinge dann auch wirklich zu kaufen. Kinder zum Kauf verleiten, ist das denn überhaupt erlaubt?

Rechtliche Grenzen, die beruhigen

Um über das Thema mehr zu erfahren und mich mit Fachleuten hierzu auszutauschen, besuchte ich Mitte März 2017 den Kongress für Kindermarketing: KIDS, TEENS & MARKE in Köln. Die angekündigten Redner klangen vielversprechend und waren branchenübergreifend. Eventmanager, Fluggesellschaften und Freizeitparks, aber auch Uni-Professoren und Anwälte, die rechtliche Grenzen aufzeigten.

Rechtliche Grenzen? Gott sei Dank, dachte ich während des Vortrags. Denn in Deutschland kann man Kindern und Jugendlichen nicht einfach so alles Mögliche verkaufen und sie mit Werbung „einfangen“. So ist es beispielsweise untersagt, Kinder direkt mit der Werbung anzusprechen und sie damit zum Kauf aufzufordern:„ Das neue Spielzeug von XY, hol es Dir jetzt!“ ist beispielsweise eine Werbeaussage, die in Deutschland nicht zulässig ist. Auch eine „unlautere Ausnutzung des Sammel- und Spieltriebs Minderjähriger“ ist per Gesetz verboten. Als Mutter bin ich froh, dass es diese Gesetze gibt. Doch natürlich gibt es auch findige Anwälte… Etwas später in diesem Vortrag wurde schnell deutlich, dass die Werbewirtschaft für diese rechtlichen Einschränkungen längst Schlupflöcher und „Lösungen“ hat. Werbung findet also natürlich doch statt, auch speziell für Kinder. Nur eben auf Umwegen…

Die Kleinen sind die Kunden von Morgen

Warum sind aber Kinder nun so eine interessante Zielgruppe? Sie verfügen doch gar nicht über das dicke Portemonnaie wie vielleicht Mama oder Papa? Richtig, jetzt noch nicht, aber vielleicht bald. Die Kinder sind nämlich die Kunden von Morgen oder zumindest von Übermorgen. Ein bestimmtes Produkt, das sie schon in ihrer Kindheit kennengelernt haben, werden sie mit großer Wahrscheinlichkeit auch als Erwachsener kaufen. Dazu gibt es Studien, die genau das belegen. Außerdem haben Kinder heutzutage, mehr als noch vor 30 Jahren, einen sehr großen Einfluss darauf, was gekauft wird, in welchem Land der nächste Urlaub stattfindet oder welches Auto zur Familie passt. Sie entscheiden oft aktiv mit oder leiten zumindest durch ihre naturgemäßen kindlichen Bedürfnisse die Kaufentscheidung der Eltern. Sie bestimmen also nicht nur über ihren eigenen Konsum (noch in Form von Taschengeld), sondern bereits jetzt über den ihrer Eltern, Großeltern und sonstigen Verwandten.

Wir wollen glückliche Kinder

Das regt doch zum Nachdenken an und lässt mich die Supermarktregale und den gefüllten Einkaufswagen noch einmal in einem anderen Licht sehen. Natürlich haben meine Kinder Einfluss auf meine Entscheidungen. Wir alle lieben unsere Kinder und wollen, dass sie möglichst glücklich, unbeschwert und selbstbewusst groß werden. Das wollen natürlich alle Eltern. Es ist letztendlich auch ihre (Lebens)Aufgabe. Der Nachwuchs soll Zeit zum Spielen bekommen, den Stoff in der Schule verstehen und viele Freunde haben. Aber brauchen sie wirklich bestimmte Produkte, um glücklich zu sein?

Kinder unterhalten & Wissen fördern

Viele Vorträge beim Kongress KIDS, TEENS & MARKE haben mich nachdenklich, manchmal auch traurig oder wütend gemacht, denn unsere Kinder und auch wir Eltern sind täglich einer Flut von Werbung ausgesetzt, die wir oft gar nicht bewusst wahrnehmen. Die selbstgesteuerte Entscheidung ist dann oft nur eine Illusion.

Doch es gab auch Lichtblicke auf dieser Veranstaltung: einige Unternehmen wollen den Kindern auch etwas bieten, sie unterhalten und auch Wissen vermitteln. Das beste Beispiel: das FIFA Fußball Museum in Zürich. FIFA, ich weiß, ich weiß. Die Frage liegt nahe, mit welchem Geld dieses Museum wohl finanziert wurde… Aber lassen wir die FIFA hier einmal raus. Hier geht es wirklich um den Spaß der Kinder, um Wissensvermittlung und um ein Thema, dass viele Jungen und Mädchen, interessiert: Fußball. In diesem Fußballmuseum hat man sich Gedanken darüber gemacht, was Kinder wollen und was den Besuch eines Museums interessant gestalten könnte. Der vortragende Marketing Direktor des Museums Oliver Vrieze begann mit den Worten „Kinder verbinden ein Museum in der Regel mit einem Begriff: Langeweile!“ Sein Vortrag war der beste des Kongresses und hat gezeigt, dass man, wenn man Kinder erreichen will, zunächst mal in ihre Welt eintauchen und die Dinge mit ihren Augen sehen muss. Auf einem eigens entwickelten „Kids Trail“ (Kinder Weg) können Kinder ab 7 Jahren eine tolle Entdeckungsreise durch das Museum machen. Ausgestattet mit einem kleinen Buch, in dem sie Fragen beantworten, Flaggen und Trikots malen oder kleine Knobelaufgaben lösen müssen. Natürlich alles rund um den beliebten Sport. Mit der richtigen Lösung kann dann noch ein freier Eintritt für die ganze Klasse gewonnen werden. Großartig! So gefällt auch mir Kindermarketing!

Geld verdienen mit moralischer Verantwortung

Ein Museum mit einer derartigen Organisation hinter sich kann sicher über mehr Marketingbudget verfügen als andere Firmen. Zum Hintergrund: Die Kosten jedes Büchleins für die Kids belaufen sich auf ca. 3,00€.

Natürlich müssen auch diese Unternehmen Geld verdienen. Doch hierbei sollte nicht die moralische Verantwortung zu kurz kommen. Denn das „Geschäft mit Kindern“ ist nicht ohne Grund in Deutschland mit vielen Gesetzen und Regularien geregelt. Kinder müssen geschützt werden, denn sie verstehen viele Zusammenhänge, die in der Werbung eine Rolle spielen, noch nicht. Sie sind impulsiv und lassen sich von Zeichentrickfiguren und bunten Verpackungen zum Kauf verleiten. Um so wichtiger ist es, dass nicht nur die Eltern ein wachsames Auge auf die Entwicklung des „Kindermarketings“ haben, sondern dass sich auch die Unternehmen der Verantwortung bewusst sind, die sie in diesem Bereich übernehmen müssen.

Auch wir als Kinder-Eventagentur verdienen letztendlich Geld damit, dass wir Kinder unterhalten. Und auch wir müssen auf dem Markt überleben. Doch für uns steht immer das glückliche Kind und die Freude am Spielen im Vordergrund, oft gepaart mit einer Wissensvermittlung wie bei unseren Erlebnisständen oder Rallyes. So können wir den Kindern für einen Tag oder auch nur für ein paar Stunden ein besonderes Erlebnis oder einfach nur eine Menge Spaß bieten. Und ganz nebenbei haben die Eltern auch eine schöne Zeit, denn sie haben einfach mal frei!